Zeche Zollverein, Schacht 4/5/11

Von 1891–1967 wurde auf dem Gelände des heutigen Triple Z Kohle abgebaut. Die Zeche prägte das Stadtbild von Essen-Katernberg und das Leben seiner Bewohner.

Als das Management des Triple Z im Januar 1996 in die Katernberger Straße 107 einzog, um die alten Mauern der Lohnhalle mit neuem Leben zu füllen, hatte das Areal bereits eine 95-jährige Bergbaugeschichte hinter sich. Ohne Kenntnis dieser montanindustriellen Vergangenheit sind weder die Existenz noch die Ziele des Zentrums – nämlich die Schaffung einer modernen, breit gefächerten und krisenresistenten Wirtschaftsstruktur – in Gänze zu verstehen. Die Gebäude des Gründerzentrums sind Hinterlassenschaften einer monostrukturellen, Flächen konsumierenden Wirtschaft, die über lange Zeit das Erfolgsmodell des Ruhrgebiets, seit den 1960er Jahren jedoch im Niedergang begriffen war.

Aufstieg und Blütezeit

Eigentlich hatte die Gemeinde St. Joseph im Jahre 1890 das 17.000 m² große Gelände an der Schalker und Katernberger Straße gekauft, um es als Friedhof zu nutzen. Als die Vorbereitung ein Jahr später kurz vor dem Abschluss stand, erfuhr man, dass an dieser Stelle die Zeche Zollverein beabsichtigte, einen neuen Betriebspunkt zu errichten. Der Grund: Die unterirdischen Abbauorte der Schächte 1/2 waren inzwischen so weit in nördlicher Richtung vorgetrieben worden, dass aus Sicht der Wetter- und Streckenführungsexperten ein neuer Betriebs-punkt notwendig erschien. Die Gemeinde St. Joseph stimmte zu, verkaufte das Areal an die Zeche und tauschte es gegen das heutige Friedhofsgelände und eine Entschädigung von 40.000 Mark.

So sah der Zecheneingang, das Gebäude 1 des heutigen Triple Z, um 1930 aus. (Foto: Zeche Zollverein e.V.)

Rückblick: Die Kohlenförderung auf der Zeche Zollverein 1/2 hatte bereits im Jahre 1851 begonnen. Pate für das neue von Franz Haniel gegründete Bergwerk war der 1834 konsolidierte deutsche Zollverein. Im ersten Jahr förderten hier 256 Bergleute die aus heutiger Sicht bescheidene Menge von 13.152 Tonnen Kohle zu Tage. Bis zum Ersten Weltkrieg stieg die Förderung durch Vermehrung der Abbaupunkte und Vergrößerung der Zechenbelegschaft kontinuierlich an.

1899 überschritt das Jahresergebnis bereits die Grenze von 1,5 Millionen Tonnen, das Bergwerk besaß nun vier verschiedene Standorte und beschäftigte insgesamt 4.124 Personen. Der größte Teil der Belegschaft stammte übrigens nicht aus Katernberg und Umgebung, sondern über die Hälfte von ihnen kam aus Preußens polnischsprachigen Ostprovinzen.

Durch die Zuwanderung wuchs die Bevölkerung der Bauernschaft Katernberg bis zum Ersten Welt-
krieg auf über 18.000 Einwohner an. Im Jahre 1847 waren es noch weniger als 500 gewesen. Der private Wohnraum reichte bei weitem nicht mehr aus, die gesamte Infrastruktur musste vergrößert oder erst geschaffen werden. Durch den Ankauf von Bauernhöfen und Kotten stieg Zollverein im Laufe der Zeit mit 721 von insgesamt 1.400 ha auch zum größten Grund- und Immobilienbesitzer auf dem Grubenfeld auf. Darauf errichtete die Zeche dann Wohnsiedlungen für Bergarbeiter und Beamte, aber auch sechs Konsumanstalten und eine Bücherei. Außerdem entstanden mit Unterstützung von Zollverein das Postamt in Katernberg sowie die Kirchen und Schulen beider Konfessionen in Katernberg, Schonnebeck und Stoppenberg.

1891 begann Zollverein auf dem heutigen Triple Z-Gelände den neuen Schacht 4 abzuteufen. Hier befand sich unter einer 129 m dicken Mergelschicht der so genannte „Gelsenkirchener Sattel“, eine tektonische Verwerfung, in der Kohlenflöze und Gestein nahezu senkrecht aufgefaltet lagen und wo sich die zur Verkokung und Nebenproduktgewinnung wertvollen Fett- und Gaskohlen befanden. Bereits im Jahre 1893 konnte die Förderung aufgenommen werden. Der Wetterschacht 5 wurde im darauf folgenden Jahr angesetzt. So entstand ein für damalige Verhältnisse typisches Zechenensemble mit Waschkaue, Lampenstube und Kohlenwäsche. Eigene Werkstätten, Gebäude für die Krafterzeugung, eine Kokerei und ein direkter Anschluss an den Bahnhof Katernberg-Nord machten die Schachtanlage 4/5 technisch gesehen zu einer völlig unabhängigen Zeche.

Backsteinerne Zeugen dieser Epoche sind das Fördermaschinenhaus 4 (heute das Triple Z-Gebäude 7), das Schmiede- und Schreinereigebäude (G9) sowie die in den Jahren 1907 bis 1909 entstandene Maschinenhalle (der spätere Prüfstand). Die Entwürfe hierzu entstammen der Feder des Ingenieurs Karl Dreyer.

Der Abbau im nördlichen Grubenfeld brachte Vor- und Nachteile: Die steile Lagerung des Gelsenkirchener Sattels eignete sich besonders gut für den gerade neu entwickelten Strebbau, denn die herausgebrochene Kohle fiel über Metallrutschen fast von allein in die Förderwagen auf der tiefer gelegenen Sohle. Wegen des dadurch entstehenden Staubs war die Arbeit besonders dreckig und gesundheitsschädlich. Ohne einen sachgemäßen Ausbau und das sorgfältige Verfüllen der ausgekohlten Hohlräume war sie lebensgefährlich.

Modernisierung in den 1920er Jahren

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde auch die Sozialisierung der Kohlenzechen diskutiert. Franz Haniels Erben reagierten und übergaben die Geschäftsleitung von Zollverein an den Düsseldorfer Hüttenkonzern Phönix. Phönix vergrößerte die inzwischen stark renovierungsbedürftige Zeche 4/11, brach einen neuen Schacht mit Doppelförderung auf und baute sie zum repräsentativen Förderschwerpunkt des Grubenfeldes aus. Aus der ersten Hälfte der 1920er Jahre stammen Lohnhalle (das heutige Triple Z-Gebäude 1), Waschkaue und Lampenstube (G2) und Lokschuppen (G4) des Architekten Friedrich Stolze. An den beiden Fördertürmen experimentierten Fritz Schupp und Martin Kremmer im Jahre 1927 erstmals mit Stahlfachwerk, das Fördermaschinenhaus 11 (G8) dagegen entwarfen sie in massiver Ausführung.

Da der 1912 gegründete Flugplatz Gelsenkirchen-Essen-Rotthausen aufgrund von Bergschäden in Abwässern zu versinken drohte, wurde er noch vor dem 1. Weltkrieg von der Zeche aufgekauft, die den auf 20 Jahre befristeten Pachtvertrag kündigte und dort eine neue Bergehalde errichtete.

1,3 Millionen Mark kostete das Bauvorhaben insgesamt. Die maximale Fördermenge pro Tag konnte auf 4.000 t verwertbare Kohle erhöht werden. So erreichte die tägliche Kohlengewinnung aller Zollvereinstandorte 1932 mit über 10.500 Tonnen einen vorläufigen Höhepunkt.

Währenddessen war das Bergwerk im Jahre 1926 in der neu gegründeten Vereinigte Stahlwerke AG aufgegangen. Ziel dieses größten Montantrusts Europas war die radikale Rationalisierung: Eigentlich sollte nur die im südlichen Grubenfeld abgebaute Kohle zentral in einem Schacht – nämlich dem zwölften – zu Tage gefördert werden. Doch aufgrund der Weltwirtschaftskrise stellte am 30. Januar 1932 auch der Standort 4/11 der Zeche Zollverein die Förderung ein, die Kohle wurde nun unterirdisch nach Schacht 12 transportiert. Die Anlagen wurden betriebsbereit gehalten, um sie bei anspringender Konjunktur wieder nutzen zu können. Abgerissen wurde nur die veraltete Kokerei 4/11, denn inzwischen besaß die Zeche einen Anschluss an die hochmoderne Zentralkokerei Nordstern und die Gelsenberg Benzin AG, die aus Kohle Benzin produzierte (beide waren direkte Töchter der Vereinigte Stahlwerke AG).

Zollverein unterm Hakenkreuz 1933–1945

In den Kriegsplänen der Nationalsozialisten spielte das Ruhrgebiet als „Rüstungsschmiede des deutschen Reiches“ eine besondere Rolle. Nach der Zerschlagung von Parteien und Organisationen der Arbeiterbewegung warben die Nationalsozialisten bei den Bergarbeitern, die nicht inhaftiert oder geflohen waren, um Zustimmung. Ziel war es, die Arbeitsleistung im Bergbau langfristig zu steigern. Die Deutsche Arbeitsfront (DAF) erklärte die Unternehmen zu „Betriebsgemeinschaften“ und den Klassenkampf für beendet. So gelang es den Zechenbesitzern, den „Herr-im-Haus-Standpunkt“ durchzusetzen und die tariflichen und sozialen Zugeständnisse der Weimarer Zeit zurückzunehmen. Für die nun als „Gefolgschaft“ bezeichneten Bergleute hieß das: stagnierende Löhne und verlängerte Arbeitszeiten.

Schächte 4 und 11 (Foto um 1930)

Als Ausgleich sollten optische Verschönerungen der Industrieanlagen und eine betriebliche Sozialpolitik, deren Kontinuitäten bis in die 1960er Jahre reichten, die Bergleute beschwichtigen. Im Rahmen der DAF-Aktion „Schönheit der Arbeit im Bergbau“ entstand auf dem Parkplatz des heutigen Triple Z ein Freibad, das bei der Katernberger Bevölkerung sehr beliebt war. Die Werksfürsorge Zollverein organisierte Betriebsausflüge und sog. Kraft-durch-Freude-Kurzreisen, zum Beispiel zur Mosel, Ahr oder in den Teutoburger Wald. Sie sollten Gesundheit und Verbundenheit mit dem Betrieb sicherstellen, denn der seit September 1938 herrschende Arbeitskräftemangel verstärkte die Fluktuation.
Der Einfluss von Betrieb und Partei endete nicht am Zechentor, sondern wirkte sich zunehmend auch auf das Privatleben der Bergleute aus. Dass die Bergleute ihr „Glückauf“ nun mit erhobenem rechtem Arm sprechen sollten, war dabei noch das Geringste. Auf Zollverein traf es als Erstes die Bergjungleute, die am 18. Februar 1934 geschlossen in die Hitlerjugend eintraten. 1938 wurde der von Arbeitern aus der Kolonie Ottekampshof gegründete Verein Sportfreunde Katernberg in die neu gegründete Betriebssportgemeinschaft Zollverein integriert. Im darauf folgenden Jahr kam es – auf Initiative von Bergassessor Dütting – zu einer Zwangsvereinigung der vier Katernberger Gesangsvereine unter dem Namen „Sängerkreis Zollverein“.

„Buttern“, so nannte man die kurze Essenspause, in der die Bergleute – häufig auf der Gezähe- (Werkzeug-)kiste sitzend Kaffee und belegte Brote zu sich nahmen.

Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs waren viele Bergleute zur Wehrmacht eingezogen worden, so dass es zunehmend schwieriger wurde, die für die Erzeugung von Benzin und Stahl kriegswichtige Kohle zu fördern. Während der Arbeitskräftemangel im Ersten Weltkrieg durch Frauenarbeit und Modernisierung des Bergbaus – Einführung und schnelle Verbreitung von Abbauhämmern, Schüttelrutschen und Druckluftlokomotiven – zum Teil kompensiert werden konnte, wurde während des Zweiten Weltkrieges auf Rationalisierung weitestgehend verzichtet. Stattdessen setzten die Bergwerksgesellschaften auf Zwangsarbeit. 1940 errichtete Zollverein auf dem ehemaligen Flugplatz nahe der Trabrennbahn Gelsenkirchen ein Barackenlager für 723 Kriegsgefangene.

Was den Bombenkrieg betraf, so kam Katernberg im Vergleich zur Essener Innenstadt, die zu 90 % zerstört wurde, relativ glimpflich davon. Nur rund
10 % des Stadtteils war zerstört. Die Schachtanlage 4/11 war von allen Betriebspunkten am schlimmsten betroffen. Fördermaschinenhaus und Wagenumlauf von Schacht 11, Lohnhalle und Kaue hatten Volltreffer erhalten.
Der Angriff am 1. Oktober 1943, bei dem alliierte Bomber eine Luftmine sowie 500 Phosphor- und 1.000 Stabbrandbomben abwarfen, entfachte in der Siedlung Ottekampshof drei Großbrände. Niemand wurde getötet oder verletzt, aber 41 Häuser wurden schwer, 32 mittelschwer und 308 leicht beschädigt. Doch selbst im Januar 1945 förderte Schacht 12 täglich noch 7.300 t verwertbare Kohle.
Die südlichen Zollvereinstandorte drohten dann doch noch Opfer des Krieges zu werden, als lokale Nazi-Funktionäre – die Alliierten Streitkräfte rückten immer näher – am 8. April 1945 deren Sprengung vorbereiteten. Die Direktion und beherzte Arbeiter, deren Zukunft die Zeche war, verhinderten die Zerstörung.

Nachkriegszeit und Wirtschaftswunder 1945 –1957

Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus war die Entflechtung der Kohle- und Stahlindustrie an der Ruhr erklärtes Ziel der Alliierten. Zu einer Sozialisierung der Zechen, die damals in NRW sowohl von der Bevölkerung als auch von einer breiten Koalition von KPD bis CDU befürwortet wurde, kam es nicht.

Nachdem die Alliierten am 19.11.1947 die Kontrolle über sämtliche Bergwerke auf die Deutsche Kohlenbergbauleitung übertragen hatten, sollte die Montanindustrie zum Motor des europäischen Wiederaufbaus und zum eigentlichen Kern des
deutschen Wirtschaftswunders werden.

Obwohl viele Schachtanlagen nur minimal beschädigt waren, lag die Kohleförderung 1945 nahezu am Boden. Die Folgen des Raubbaus der Kriegswirtschaft zeigten Wirkung, ebenso der Mangel an Transportkapazitäten und allgemeiner Versorgung. Zudem war im Frühjahr 1945 fast jeder zweite Bergmann Fremd- oder Zwangsarbeiter, so dass der Ruhrbergbau mit Kriegsende 50 % seiner Belegschaft verlor. Zollverein gelang es, mit einer Jahresförderung von 868.937 Tonnen ein letztes Mal den Spitzenplatz unter allen Ruhrgebietszechen einzunehmen. Aber diese Menge entsprach nur noch einem Viertel des Vorkriegsergebnisses des Bergwerks.

Das Anwerbeprogramm startete. Durch ein daran gekoppeltes Prämiensystem und die Sonderzuteilungen von Care-Paketen rückten die Bergleute an die Spitze der „Kalorienskala“ im Nachkriegsdeutschland. Bereits im Sommer 1945 waren kriegsgefangene Bergleute vorzeitig entlassen worden. Das Ansiedlungsverbot im Ruhrgebiet wurde für Bergbauwillige aufgehoben. So konnte die Kohleförderung bereits im Herbst 1945 deutlich gesteigert werden.

Vertriebene und Flüchtlinge aus der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR blieben über viele Jahre das wichtigste Reservoir für die Neuanwerbung von Arbeitskräften. Die Zahl der Beschäftigten im Ruhrbergbau stieg von 195.000 im Jahr 1945 auf 417.000 Ende des Jahres 1951. Auf der Zeche Zollverein, die seit 1953 zur Gruppe Rheinelbe der Gelsenkirchener Bergwerks AG gehörte, stieg sie von 5.046 im Jahr 1945 auf das Rekordhoch von 8.074 im Jahr 1956.

Für die vielen Ausgebombten und neu angeworbenen Bergleute musste zunächst provisorischer Wohnraum geschaffen werden. Wo heute die Ruinen der Zentralkokerei stehen, wurden röhrenförmige Wellblechbaracken, die so genannten Nissenhütten, errichtet und die ehemaligen Gefangenenbaracken zu Wohnungen für kinderreiche Familien oder zu Massenunterkünften für ledige Bergleute umgebaut. Im Zuge des Wiederaufbaus entstanden Eigenheimsiedlungen, die aus Mitteln des Marshallplans finanziert wurden (1952/53). In den 1955/56 zwischen den Zechenkolonien gebauten Pestalozzidörfern wurden die von außerhalb angeworbenen Bergjungleute fürsorglich in Familien untergebracht. Bereits 1958 standen den 8.000 Belegschaftsmitgliedern insgesamt 7.061 Wohnungen zur Verfügung. Die Verdichtung des Stadtbezirks erfuhr einen enormen Auftrieb.

Trotz hoher Lohnsteigerungen und schrittweiser Arbeitszeitverkürzungen gelang es ab Mitte der 1950er Jahre nicht mehr, genügend Neubergleute in Deutschland anzuwerben. Die ersten „Gastarbeiter“ wurden im Ausland angeworben und nach Katernberg geholt. Der Neubau der Zentralkokerei im Jahre 1957 – damals die größte der Welt – eröffnete dem Stadtteil eine scheinbar sichere Zukunft als Montanstandort.

Schwarze Fahnen über Katernberg

Rezession und Neunutzung 1958–1995

Arbeitskräftemangel und Energieknappheit bestimmten den Ruhrbergbau bis 1958. Durch die wachsende Konkurrenz von Öl, Gas und billiger Importkohle geriet die Ruhrkohle innerhalb kürzester Zeit in eine andauernde Krise. Am 22. Februar 1958 wehten aufgrund der ersten betriebsbedingten Entlassungen seit Kriegsende schwarze Fahnen an den Fördertürmen der Ruhrgebietszechen.

Während in der flachen Lagerung Kohlenhobel und Walzenschrämlader die Arbeit der Bergleute erleichterten, konnte in der steilen Lagerung die Kohle weiterhin nur von Hand abgebaut werden.

Bergmannsarbeit war in erster Linie Handarbeit. Bis zum Ersten Weltkrieg waren 98 % der Kohle auf Zollverein von Hand oder durch Sprengen gewonnen worden. Seit den 60er Jahren traten automatisierte Gewinnungsmaschinen mehr und mehr an die Stelle der Kohlenhauer. Alle Versuche, den Abbau in der steilen Lagerung zu mechanisieren, schlugen jedoch fehl.

Die Schließung von Zollverein 4/11 wurde aufgrund der im Vergleich zur flachen Lagerung zu hohen Personalkosten immer wahrscheinlicher. Auch die Notwendigkeit, die ausgekohlten Hohlräume mit Bergen zu versetzen und die häufig auftretenden Störungen im Verlauf der Kohlenflöze boten weitere Argumente gegen Zollverein 4/11. Der nördliche Teil des Grubenfeldes Zollverein war unprofitabel geworden. Zudem unterstützte die Bundesregierung Zechenstilllegungen durch Prämien. Zwar hatte der Aufsichtsrat von Rheinelbe noch am 24. Oktober 1964 eine Schließung dementiert, doch nur 2 1⁄2 Jahre später kündigte er die Stilllegung von 4/11 zum 30. Juni 1967 an. Schacht 4 wurde verfüllt, Schacht 11 diente von nun an als Wetterschacht und wurde erst 1991 zugeschüttet.

Durch die Aufgabe des nördlichen Baufeldes verringerte sich der Vorrat der Zeche an abbauwürdiger Kohle von 86,8 Mio. auf 58,3 Mio. Tonnen. Für die 1.059 Bergleute, die auf der Schachtanlage arbeiteten, wurde ein Sozialplan vereinbart. 130 von ihnen hatten die zweifelhafte Ehre, ihren ehemaligen Arbeitsplatz vor ihrer Entlassung auch noch zu demontieren.

Die Mechanisierung des Bergbaus war nicht nur ein Grund für die Schließung des Standortes Zollverein, sondern zugleich auch die Voraussetzung für die Neunutzung durch die neugegründete Ruhrkohle AG. Das Berufsfeld des Bergmanns hatte sich stark verändert und diversifiziert.

Das Gelände von Schacht 4/5/11 wurde eine der Zentralen Ausbildungsstellen der RAG. Hier, in den ehemaligen Zechengebäuden, errichtete das Unternehmen die Lehrlingswerkstatt, in der gleichzeitig bis zu 1.100 Lehrlinge in den verschiedenen Bergmannsberufen ausgebildet werden konnten. Ausbildungsgänge wie Grubenschlosser oder Grubenelektriker eröffneten Katernbergs Jugend die Möglichkeit, gleichzeitig den Beruf des Bergmanns und den eines Handwerkers zu erlernen. Nördlich der Gleise, auf Gelsenkirchener Stadtgebiet, war im Jahre 1957 die Zentralwerkstatt für Großmaschinen erbaut worden. Die ehemalige Maschinenhalle (heute G10) beheimatete seit 1958 einen Materialprüfstand.

Für immer „Schicht im Schacht“. Als das montanindustrielle Zeitalter zu Ende ging, standen Katernberg und die leer stehenden Gebäude der Zeche Zollverein vor einer ungewissen Zukunft.

„Deckel aufn Pütt“

Am 21. Februar 1979 wurde die schrittweise Stilllegung der Zeche Zollverein eingeleitet. Ganz Katernberg schöpfte noch einmal Hoffnung, als die Ruhrkohle AG am 11. Juli 1980 verkündete, dass durch den Verbund mit Nordstern der Bestand von Zollverein noch über das Jahr 2000 hinaus gesichert sei. Umso größer war dann die Bestürzung, als es am 17. November 1983 hieß: Essens letzte Zeche macht am 23. Dezember 1986 dicht. Obwohl die verbliebenen 1.265 Mitarbeiter auf anderen Zechen der RAG untergebracht werden konnten, bedeutete dies einen schweren Schaden für den Stadtteil und auch den Verlust von Arbeitsplätzen rund um die Zeche.

Die Stilllegung der Kokerei im Jahre 1993, die noch einmal 1.700 Arbeitsplätze vernichtete, machte deutlich, dass eine grundsätzliche Strategie für ein Überleben Katernbergs gefunden werden musste. Ein Jahr später schloss auch das RAG-Ausbildungszentrum seine Pforten. Was mit den geschichtsträchtigen Gebäuden passieren sollte, war bis dato noch nicht entschieden.

Text: Rehmann & Szymanski, Agentur für Kommunikation GmbH, Essen.