Garnelenzucht, wo einst Kohle gefördert wurde: die R(h)eingarnelen ziehen ins Triple Z

In Gebäude 2 summt und plätschert es, wenn man das „Büro“ der R(h)eingarnelen betritt. Durch verschieden großen Glasaquarien fitschen Garnelen und leuchtend grüne Algen wachsen unter künstlichem Licht. Wer sich wie in einer Zoohandlung vorkommt, liegt dabei gar nicht so falsch. Timon Orths (auf dem Foto rechts) und Christoph Poschmann, die Gründer und Geschäftsführer von R(h)eingarnelen zeigen Besuchern gerne, wie sie vom Triple Z aus eine Lücke im deutschen Garnelenmarkt schließen..

Idee kommt im Studium

„Als passionierter Aquarianer reizte es mich, meine eigenen Ziergarnelen nachzuzüchten – um nicht immer auf die Wildfänge zurückgreifen zu müssen,“ sagt

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Timon Orths erklärt die Larvenstadien.

Timon Orths. „Es gab aber keine Garnelen zu kaufen, die in Deutschland gezüchtet wurden.“ In seinem Studentenappartement begann er, die Zucht der Amano-Garnele (lat.: Caridina multidentata) selbst auszuprobieren. Dabei sind ausgerechnet diese beliebten Ziergarnelen sehr schwer nachzuzüchten, denn sie benötigt während des Larvenstadiums die richtigen Wasser-, Licht- und Futterverhältnisse. Die ersten Versuche waren daher auch wenig erfolgreich: Von tausenden Eiern, die in einem Gelege sind, erreichten nur drei Tiere das Garnelenstadium. Timon Orths packt der wissenschaftliche Ehrgeiz: „Das muss doch zu schaffen sein!“

Erfolgreiche Nachzucht

Nach seinem Chemiestudium an der RWTH Aachen zog es ihn an die Universität Duisburg-Essen, an der er erfolgreich Water Science (M.Sc.) studierte. Im Uni-Labor forschte Orths an den vielen Faktoren, um die Nachzüchtung zu optimieren. Unterstützt wurde er von seinem Freund, dem gelernten Chemielaboranten und Spezialisten auf dem Gebiet der Algen, Christoph Poschmann. Dieser kümmert sich heute um den Aufbau der Algenproduktion und die Qualitätskontrolle. Nach zahlreichen Versuchen, Erfolgen und Fehlschlägen, stundenlangem Larvenzählen am Mikroskop und Laborprotokollen war den beiden Wasserspezialisten klar: Es klappt! Heute überleben bereits über 70 % der Larven und die reproduzierbaren Aufzuchtprotokolle ermöglichen die Zucht verschiedener Garnelenarten.

Von der Idee zum Geschäftsmodell

Das Problem der Nachzucht der empfindlichen Tiere war gelöst – es wurde Zeit für ein Geschäftsmodell. „Wir haben natürlich von Anfang an darauf hingearbeitet, die Zucht nicht zum Hobby, sondern zum Unternehmen zu machen“, so Poschmann. Ab Juni 2018 bauten die Geschäftsführer ihr Unternehmen in den Räumlichkeiten der Aquatischen Ökologie an der Universität Duisburg-Essen auf. Nach der erfolgreichen Teilnahme am Future Champions Accelerator Rhein-Ruhr zogen die Unternehmer im Mai 2019 aus den Räumen der Uni aus und im Triple Z ein.

„Geeignete Räume zu finden war wirklich schwierig“, so Timon Orths. „Wir benötigten einen Raum, in dem wir mit den Aquarien unser Unternehmen aufbauen können, aber vergleichbar ausgestattete Räume waren in allen Fällen zu groß und damit auch viel zu teuer für uns als Startup.“ Das Triple Z schließt da eine Lücke: Neben einem Büroraum, in dem die Unternehmer ganz normal am Schreibtisch und Mikroskop arbeiten können, wurde die rund 25 m² große Produktionsfläche mit Wasserabläufen und einer Bodenwanne versehen – dann konnten Orths und Poschmann mit ihren rund 300 Elterntieren einziehen.

Garnelen 100% „Made in Germany“

Wo einst Kohle gefördert wurden, schließen die R(h)eingarnelen nun eine Marktlücke: Die Garnelen „100% Made in Germany“ ersetzen auf dem deutschen Markt in Zukunft die wild gefangenen Garnelen. Wildfänge haben durch lange Transportwege eine negative CO2-Bilanz, und ihr Fang zerstört Ökosysteme wie Korallenriffe und Mangrovenwälder. Zudem können sie Parasiten einschleppen. Die Garnelen vom Triple Z werden ohne Medikamente und mit eigens gezüchtetem Phyto- und Zoo-Plankton aufgezogen.

Speisegarnele

„Auch die kommerzielle Garnelenzucht in Asien und Südamerika führt zu flächendeckender Zerstörung von Mangrovenwäldern. Deutsche Garnelenfarmen

setzen zwar ein Zeichen gegen diese Fehlwirtschaft, sind aber bisher auf den Import von Besatztieren aus den USA angewiesen, der neben langen Transportzeiten immer wieder zu Produktionsausfällen führt“, erklären die Gründer ihre Motivation. Sie wollen eine effiziente, ressourcenschonende und transparente Garnelenaufzucht gewährleisten, bei der stets auch das Tierwohl im Vordergrund steht.

Nach der Eingewöhnungsphase der Tiere können die ersten Kunden voraussichtlich ab Oktober mit Ziergarnelen beliefert werden. In Zukunft sollen durch das biologische und technische Know-how der R(h)eingarnelen weitere Arten und die Zucht von qualitativ hochwertigen, gesunden Jungtieren für deutsche Garnelenfarmen dazu kommen, damit deutsche Zuchtgarnelen auch in Deutschland geboren werden.